Thanksgiving – Fest der Dankbarkeit in den USA

Thanksgiving ist neben Weihnachten wohl das wichtigste Fest in den USA. Von der Bedeutung her ähnelt es dem Erntedankfest, wird aber sehr viel größer und oft mit der ganzen Familie gefeiert. Wie der Name schon sagt, handelt es sich um ein Fest der Dankbarkeit. Thanksgiving ist in den Vereinigten Staaten ein Feiertag und fällt auf den vierten Donnerstag im November. Dass es traditionell gestopften und gebackenen Truthahn und viel zu essen gibt, wissen die meisten. Doch dieser wichtige Tag hat noch sehr viel mehr Wissenswertes zu bieten: eine interessante, wenn auch umstrittene Geschichte und Ursprung, eine lange Tradition und unterschiedliche Bräuche.

Thanksgiving ist nicht nur ein Familienfest

Familienfest Thanksgiving
Thanksgiving wird mit der Familie, aber auch mit Freunden, Nachbarn, Kollegen und guten Bekannten gefeiert.

Wenn sich das Jahr dem Ende zuneigt und die Tage immer kürzer werden, naht die Zeit für das vielleicht größte Familienfest in den USA. Thanksgiving bedeutet übersetzt: Danksagung. Vielerorts wird nicht nur die ganze Familie eingeladen, sondern auch Freunde, Nachbarn, Arbeitskollegen oder andere Bekannte. Keiner sollte diesen wichtigsten Tag im Jahr alleine verbringen und keiner sollte hungrig bleiben. Da viele Familien über das ganze Land verstreut leben, setzt vor Thanksgiving, dem vierten Donnerstag im November, eine große Reisewelle ein. Viele nehmen sich den Freitag, da er ein Brückentag ist, frei, um ein verlängertes Wochenende mit der Familie zu verbringen. Bei diesem Freitag handelt es sich um den Black-Friday, der Thanksgiving immer auf dem Fuße folgt.

Thanksgiving in Kanada

Auch in Kanada feiern die Menschen Thanksgiving, allerdings an einem anderen Tag, nämlich am zweiten Montag im Oktober. In den meisten Provinzen ist Thanksgiving ein Feiertag. Ursprünglich feierte man dieses Fest wohl am 12. Oktober, dem Tag, als Kolumbus Amerika entdeckte. Doch es wurde – wie auch der „Columbus Day“ – auf den zweiten Montag im Oktober gelegt. Das hat für alle den Vorteil eines verlängerten Wochenendes.

Bräuche an Thanksgiving

Die Bräuche unterscheiden sich regional und von Familie zu Familie. Dennoch gibt es einige traditionelle Elemente, die auf die meisten Thanksgiving Feiern zutreffen.

Proklamation des Präsidenten

Ein traditioneller Brauch besteht darin, dass der Präsident der Vereinigten Staaten einige Tage vor Thanksgiving in einer Proklamation wichtige Ereignisse des bestehenden Jahres anspricht, die vergangen sind und noch bevorstehen. Außerdem bedankt er sich bei seiner Nation und dem Allerhöchsten. Mit dieser Proklamation läutet er den bevorstehenden nationalen Feiertag ein.

Zwei Truthähne werden begnadigt an Thanksgiving.
Zwei Truthähne werden vom Präsidenten an Thanksgiving begnadigt.

Der Präsident begnadigt zwei Truthähne

Ein Brauch besteht darin, dass die Industrieverbände an Thanksgiving dem Präsidenten einen bzw. zwei lebende Truthähne im Weißen Haus überreichen. Ursprünglich sollten sie als Festmahl für den Präsidenten und seine Familie dienen. Seit den 1990-er werden beide Truthähne vom Präsident zeremoniell begnadigt, d. h. sie werden nicht geschlachtet, sondern kommen ins Walt Disney World Resort. Alt werden die begnadigten Truthähne dennoch nicht. Die meisten sterben innerhalb eines Jahres, was an der Züchtung liegt. Diesen Brauch führte Präsident George Bush Senior 1989-1993, während seiner Amtszeit ein.

Thanksgiving Paraden

Es gibt mehrere Paraden an Thanksgiving. Doch die bekannteste Parade dürfte die Macy’s Thanksgiving Day Parade in den Straßen von New York City sein. Macy’s ist übrigens eine Kette des größten Warenhauses der USA. Viele Amerikaner sind vor Ort oder verfolgen das Spektakel live am Fernseher. Die 4 km lange Parade besteht aus Kapellen, Festwagen, Broadway- Darstellern und den berühmten riesigen Ballons (Floats) in unterschiedlichen Farben und Formen.

Traditionelles Hauptgericht an Thanksgiving

Gefüllter und gebackener Truthahn
Traditionell gibt es zu Thanksgiving einen gefüllten und im Ofen gebackenen Truthahn.

Die Gerichte, welche verzehrt werden, sollen schon beim allerersten Thanksgiving-Fest verspeist worden sein. Für einen Teil der Gerichte dürfte das zutreffen, mit Sicherheit aber nicht für den Truthahn. Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts tauchte er auf den Festtafeln auf, was vermutlich praktische Gründe hatte. Denn er ist so groß, dass er sich als Festbraten für die ganze Familie extrem gut eignet. Der gebratene und gefüllte Truthahn (Roasted/Stuffed Turkey) wurde zum traditionellen Festessen. Die Amerikaner nennen Thanksgiving daher auch „Turkey Day“, also „Truthahn Tag„. Zuvor dürfte es sich um Wildfleisch gehandelt haben, vielleicht sogar (unter anderem) um Wildvögel.

Die Zubereitung des gefüllten und dann gebratenen bzw. im Ofen gebackenen Truthahns dauert oft einen ganzen Tag. Bis zu 15 kg schwer ist solch ein Tier. Gestopft bzw. gefüllt wird der Truthahn traditionell mit Austern, Kastanien und Brot. Allerdings variieren die Rezepte teils erheblich – man füllt ihn auch mit Maisbrot, Zwiebeln, Eiern, Sellerie, Petersilie und Gewürzen oder mit Nüssen, Pilzen, Kürbis und verschiedenen Gewürzen. Dann kommt er für mehrere Stunden in den Ofen.

Beilagen und Nachspeisen an Thanksgiving

Zum Truthahn wird eine große Auswahl an Beilagen gereicht, z. B. Maisbrot, Süßkartoffeln (Sweet Potatoes) bzw. Kartoffelpüree, Kürbis, grüne Erbsen und Mais, Cranberry-Sauce oder Preiselbeeren-Sauce.

Es gibt eine Auswahl an Nachspeisen wie z. B. Pekannusskuchen, Apfel- und Kürbiskuchen (Apple- und Pumpkin Pie), oft sogar mit Schlagsahne. Doch damit nicht genug. In manchen Regionen gibt es zusätzlich einen Kürbis, der gefüllt wird, zum Beispiel mit Maisbrot, Pilzen, Grünkohl oder mit Nudeln und Thymian bzw. mit allem, was lecker ist. Manchmal kommen Eier, Käse und Sahne hinzu.

Zusätzlich oder als Alternative zum Truthahn wird an Thanksgiving gebackener Schinken (Baked Ham) aufgetischt. Dazu gibt es eher herbstliche Getränke, z. B. Bier, Apfelsaft, Cocktails mit Zimt, Cranberry oder Ingwer.

Dankgebet vor dem Essen

Dankgebet vor dem Essen
An Thankgivings wird vor dem Essen ein Dankgebet gesprochen.

Da Thanksgiving ganz im Zeichen der Dankbarkeit steht, spricht man vor dem Essen ein Dankgebet. Ein schöner Brauch besteht darin, dass jeder Teilnehmer der Reihe nach allen anderen mitteilt, wofür er sich in diesem Jahr ganz besonders bedanken möchte und was er sich für die Zukunft wünscht. Hier variieren die Bräuche zwischen den Familien sehr stark. Wichtig dabei ist es jedoch immer, sich darauf zu besinnen, wie gut es einem geht. Gerne spenden die Amerikaner an diesem Feiertag für Obdachlose und für Bedürftige.

Es gibt einen weiteren Brauch, wo zwei Teilnehmer das getrocknete Gabelbein des Truthahns („Wishbone“) mit ihrem kleinen Finger auseinander ziehen, bis es in zwei Teile zerbricht. Wer das längere Stück erwischt, hat einen Wunsch frei. Gegenseitige Geschenke sind an Thanksgiving jedoch nicht angesagt, wohl aber zu Weihnachten.

Übrigens sollen 46 Millionen Truthähne1 an Thanksgiving Jahr für Jahr verspeist werden. Das Essen soll um die beachtliche 3500 bis 4500 Kalorien beinhalten – pro Kopf!

American Football

Bis zum späten Abend laufen mehrere College-Football- und NFL-Spiele im Fernsehen, z. B. auf Fox, CBS, NBC … Viele Amerikaner sehen sich an Thanksgiving die Übertragungen an und fiebern mit ihren Mannschaften mit.

Drinksgiving und Bar-Besuche am Abend

Nach dem Essen gehen viele Amerikaner, vor allem die älteren Generationen, gerne in Bars, wo sie alte Freunde und Bekannte treffen. Oft gibt es in der näheren Umgebung Partys, wo man sich wieder trifft, vor allem mit denjenigen, die an Thanksgiving zurück in ihre Heimat fuhren. Die jungen Leute treffen sich gerne am Mittwoch vor dem Fest der Dankbarkeit in einer Bar, am sogenannten „Blackout Wednesday“.

Black Friday

Black Friday ist der Tag nach dem Fest der Dankbarkeit.
Der Tag nach Thanksgiving ist der Black-Friday, der sich aufgrund des Internets weltweit verbreitete.

Was wird nach Thanksgiving unternommen? Shoppen – shoppen – shoppen. Der Tag nach Thanksgiving ist der sog. Black Friday, wo es um die Jagd nach Schnäppchen geht. Der Einzelhandel gibt beachtliche Rabatte, die man tatsächlich nur einmal im Jahr bekommt. Mit dem Black-Friday beginnt die Weihnachtszeit und der Einkauf der Geschenke. Der Cyber Montag wurde erst mit dem Internethandel eingeführt. Es ist der Montag, der auf dem Black Friday folgt und für alle, die im Internet shoppen wollen, ein wichtiger Tag ist, ganz nach der Devise: „Am Freitag wird geguckt – am Montag gekauft“. An diesem Tag wird gerne Elektronik gekauft, da sie oft stark herabgesetzt wurde. Die Truthähne haben nochmal Glück gehabt, denn im Gegensatz zu dem „Turkey-Day“ hat sich nur der Black-Friday mittlerweile weltweit verbreitet.

Ursprung von Thanksgiving

Über den Ursprung von Thanksgiving gibt es verschiedene Geschichten und Mythen. Einige sind belegt, andere nicht. Doch unabhängig davon, ob die Geschichten faktisch geschehen sind oder nicht – sie gehören ganz wesentlich zur amerikanischen Kultur und sagen viel darüber aus, welche Werte ihr wichtig sind.

Wann wurde Thanksgiving zum ersten Mal gefeiert?

Wann das Fest der Dankbarkeit zum ersten Mal gefeiert wurde – darüber scheiden sich die Geister. Es gibt mehrere Ereignisse, die Thanksgiving in der heutigen Form vorausgehen. Fest steht, dass es über ein Erntedankfest deutlich hinausgeht. Es geht um sehr viel mehr, als ausschließlich eine erfolgreiche Ernte zu feiern.

Gelungene Überfahrt der Kolonisten

Man muss sich klarmachen, dass eine Überfahrt nach Amerika wochenlang dauerte und gefährlich war. Nicht alle Schiffe kamen an und vor allem: Nicht alle Passagiere überlebten. Sie waren auf ihrem langen Weg der extremen Witterung und den heftigen, lang anhaltenden Stürmen ausgesetzt. Es gab noch keine moderne medizinische Versorgung, ganz zu schweigen von unterstützenden technischen Hilfsmitteln, die eine sichere Überfahrt gewährleisten. Wer dann endlich in der „Neuen Welt“ ankam und wieder Boden unter seinen Füßen spürte, empfand eine tiefe Dankbarkeit und Erleichterung. Die Siedler, welche die ersten Dankesfeste feierten, waren die Spanier. Im Mai 1541 fand wohl das erste Thanksgiving statt, das die Spanier gemeinsam mit dem Stamm der Caddo (drei mächtige Häuptlingstümer) feierten. Man feierte auch das Vorfinden von Nahrungsmitteln, da Neuankömmlinge oft gar nicht wussten, wie und wovon sie sich anfangs ernähren können.

Ein alter Dreimaster.
Zwei alte Segelschiffe – Dreimaster.

Ankunft der Pilgerväter in Massachusetts

Mit ihrem 30 m langem Schiff „Mayflower“, ein Dreimaster, landeten die Pilgerväter der Plymouth Kolonie 1620 bei Plymouth Rock in Massachusetts. Der Begriff „Pilgerväter“ ist missverständlich, denn auch Frauen und Kinder waren dabei. Insgesamt handelte es sich um 102 Menschen. Durch den extrem harten Winter starb die Hälfte der Pilger. Sie brauchten all ihre Nahrungsvorräte auf und kamen in eine lebensbedrohliche Situation. Dank des Wampanoag-Indianderstammes, der die Kolonisten mit Lebensmitteln versorgte, wurden sie vor dem Hungertod bewahrt.

Doch das indigene Volk tat noch sehr viel mehr – es brachte den Pilgern das Jagen bei und den Anbau einheimischer Pflanzen, die man essen kann, z. B. Mais. 90 Wampanoag-Indianer und 50 Kolonisten sollen es gewesen sein, die gemeinsam jagten und lernten sich zu verständigen. Die anschließende Ernte war so reichhaltig, dass die Siedler im Folgejahr, im Herbst 1621, gemeinsam mit den Ureinwohnern, ein großes Fest aus Dankbarkeit feierten, das drei Tage lang dauerte.

Es gibt zwar keine Aufzeichnungen darüber, doch dieser Mythos nimmt in der amerikanischen Kultur einen sehr hohen Stellenwert ein, vor allem in Nordamerika. Diese Geschichte gehört quasi zur Identität der Vereinigten Staaten als Geste des Friedens und der gegenseitigen Hilfe.

Thanksgiving – Tag des Gedenkens für die Ureinwohner

Für die Ureinwohner ist Thanksgiving eher ein Tag des Gedenkens, denn ein friedliches Zusammenleben mit den Siedlern wurde ab 1630 immer schwieriger und gewalttätiger. Das Gleiche gilt für den Columbus-Day, am zweiten Montag im Oktober. Beide Tage sind für die indigenen Völker eher Trauertage, was verständlich ist, wurden doch durch den Genozid ihre Vorfahren fast vollständig ausgerottet.

Festlegung des Feiertags – Thanksgiving Day

Es gibt noch weitere Geschichten über den Ursprung von Thanksgiving, doch die oben erzählten sind am verbreitetsten. Ab dem Jahr 1863 feierte man Thanksgiving am letzten Donnerstag im November. Das legte Abraham Lincoln fest. 1941 wurde Thanksgiving vom Kongress als landesweiter Feiertag bestätigt und auf den vierten Donnerstag im November gelegt. Thanksgiving ist ein konfessionsübergreifendes Fest, das Menschen aller Gesellschaftsschichten feiern, unabhängig ihrer Herkunft und Hautfarbe.

Quellen

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